Geben Sie dem Glück eine Chance

​​​​​​​Die Besten sind nicht immer die beste Besetzung.

Am Ende eines Bewerbungsverfahren soll die beste Kandidatin oder der beste Kandidaten eingestellt werden. Daran ist nichts Falsches zu erkennen. Ein renommierter Strategieprofessor erhebt Einspruch. Er erklärt, warum sich Unternehmen in vielen Fällen für den Zweitbesten entscheiden sollten.

6. September 2021 // 2 min Lesezeit

Ausnahmsweise ein Disclaimer am Anfang des Beitrags: Der Autor möchte darauf hinweisen, dass er selbst nie der Beste war. Insofern könnte der folgende Text einseitig formuliert sein, nämlich mit angeborener Sympathie zu allen, bei denen es ebenfalls nicht auf den besten Platz gereicht hat. Nicht in der Schule, nicht im Klavierunterricht und nicht im aktuellen Bewerbungsverfahren.

Lob den Zweitbesten

Für alle, die wie der Autor all zu oft auf dem zweiten, dritten oder folgenden Plätzen gelandet sind, setzt sich der renommierte Strategieprofessor Chengwei Liu ein. Er hat kürzlich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung dargelegt, warum die naheliegende Entscheidung für den besten Kandidaten oder die beste Kandidatin nicht unbedingt die passende Wahl sein muss. Chengwei Lui ist außerordentlicher Professor für Strategie und Verhaltenswissenschaft an der privaten Hochschule ESMT. Er erforscht den Glücksfaktor, der in Wirtschaft und Gesellschaft oft übersehen wird.

Im Hinblick auf das Einstellungsverfahren fokussiert der Stratege vor allem auf tadellose Lebensläufe, einem häufigen Merkmal von Kandidaten, die spontan als beste Wahl einsortiert werden. Diese tadellosen Charkatere würden oft dazu neigen, in der Komfortzone zu bleiben, während jemand mit nicht ganz so brillanter Vita aus Versuchen oder Fehlern gelernt habe, um neue Sichtweisen zu entwickeln. Chengwei Liu lobt dagegen alle, die nicht dem holzschnittartigen Ideal entsprechen: „Oft sind das Menschen, die Dinge wagen, Verschiedenes ausprobieren und meist auch anders denken als die Mehrheit. Und das ist für die Diversität in einem Unternehmen essentiell.“

Glück und Zufall niemals unterschätzen

Liu warnt davor die Rolle von Glück und Zufall zu unterschätzen, auch beim beruflichen Erfolg. Der Successfaktor sei meist eine Mischung aus Fähigkeiten, Talenten, Fleiß, familiärem Hintergrund und Beziehungen. Trotzdem sieht er folgenden Zusammenhang: Je erfolgreicher eine Person oder ein Unternehmen, desto wahrscheinlicher wäre es, dass Glück und Zufall eine Rolle gespielt haben. Sich die Erfolgreichen zum Vorbild zu nehmen, sieht der Strategie daher kritisch. Er betont: „Das ist völlig konträr zu unserer Intuition. Außergewöhnliche Erfolge ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Doch das sollten sie nicht.“ Chengwei Liu geht sogar soweit, bei manchen Auswahlprozessen besser den Zufall entscheiden zu lassen. Ihm es ist wichtig zu verstehen, warum zu viel Rationalität bei der Bewerberauswahl unter Umständen schädlich sein kann. Rationalität beinhaltet eben auch Gleichmacherei.

Die Personalberatung macht Mut.

Die Ausführungen des anerkannten Vordenkers geben nicht nur Hinweise für Unternehmen und Personalabteilungen. Sie sollten auch all jene ermutigen, die ahnen, dass ihr Lebenslauf nicht allen Idealvorstellungen entspricht. Die duerenhoff Personalberatung begleitet viele Bewerbungsprozesse, an deren Ende eine Entscheidung steht, die man zu Beginn nicht unbedingt als die bestmögliche Lösung gesehen hätte. Der Mut zum Unkonventionellen wird in so vielen Fällen belohnt. Bei Unternehmen – und auch bei Kandidatinnen und Kandidaten.

Das vollständige Interview mit Chengwei Liu lesen Sie hier.

 

Photo by Etienne Girardet on Unsplash. Dankedanke

Bernd Sautter Autor

schreibt gerne über Menschen, ihre Motivation, ihre Karriereentscheidungen und das, was sie im Inneren antreibt.


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